„36 Sklaven arbeiten für mich“ – so lautet eine
Headline der FAZ.net, die mir heute auf Facebook auffiel. Der Artikel handelt von dem Angebot
der Internetseite www.slaveryfootprint.org, bei der sich die Autorin ihren „Sklavenfußabdruck“ hat erstellen lassen. Wie viele Sklaven arbeiten denn für mich? Ich habe es
errechnen lassen. Auf 11 Fragen musste ich antworten, bei manchen konnte man
detaillierter werden, musste aber nicht. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass
das Ganze nicht so richtig ernst genommen werden kann. Und dann kamen auch bei
mir 36 Sklaven raus. Zufall? Oder kommt das bei jedem „Normalo“ raus? Besonders
überzeugend fand ich das jedenfalls nicht.
Doch, es ist natürlich gut, dass die Seite existiert und
hoffentlich auch noch weiter gefördert und verbessert wird.
Der FAZ-Artikel von Britta Beeger hat mich jedenfalls zum
Nachdenken bewegt. Dieser Satz hat mich besonders beunruhigt: „Vor allem bei den elektronischen Geräten, für die laut
slaveryfootprint Menschen beispielsweise im Kongo unter Zwang das Erz Coltan
fördern, hatte ich noch das Gefühl, ganz gut wegzukommen: Ich habe mich in die
Kategorie „Regular Joe“ einsortiert, als Durchschnittsnutzer also: Viel mehr
als ein Handy (zugegeben, es ist ein Smartphone), eine Digitalkamera, einen
Fernseher und einen Laptop besitze ich nicht.“
Ich fing an zu recherchieren, denn auch ich besitze
natürlich elektronischen Schnickschnack, darunter auch ein Smartphone. Dass es
in China hergestellt wurde, weiß ich. Dass die Arbeiter dafür nicht viel Geld
bekommen, davon bin ich ausgegangen. Schlimm genug. Aber dass an meinem Smartphone Blut klebt, auf
diese Idee wäre ich nicht gekommen. Ich bin wütend. Denn es läuft darauf hinaus, dass ich einen seit 15 Jahren andauernden Bürgerkrieg unterstütze: Ich
bin als Konsument mitverantwortlich für Massenmorde (Millionen!),
Vergewaltigungen, Kinderarbeit. Ich finanziere diesen Krieg, indem ich Produkte
von Firmen kaufe, die über diese Machenschaften zugunsten profitabler Geschäfte
hinwegsehen.
Die Situation: Die Schaltkreise in Handys kommen nicht ohne das Erz Coltan
aus. Coltan wird in Minen des östlichen Kongo abgebaut. Die Hügel um den Kivu-See sind besonders
reich an Coltan. Doch statt, dass diese Bodenschätze die Kongolesen füttern,
füttern sie nur die Gewalt im Land. Diejenigen, die profitieren, sind die großen
Elektronikhersteller, die lieber beide Augen zudrücken als höhere Ausgaben in
der Rohstoffbeschaffung zu riskieren.
Ich habe mir 2 Dokus angeschaut, die ich euch hiermit ans
Herz lege.
Blutige Handys von Frank Piasecki Poulsen
Kongos verfluchter Schatz von Patrick Forestier
Die Dokus sind beide ca. 2 Jahre alt – sicher nicht der
aktuellste Stand. Aber irgendwie glaube ich auch nicht, dass sich seitdem viel
verändert hat: In der ersten Doku wird der über seine Zuliefererkette angeblich uninformierte Hersteller Nokia von einem Reporter mit den
Tatsachen konfrontiert. Und was macht Nokia? Wiederholt Floskeln und drückt sich vor der Verantwortung.
Ich kann mir vorstellen, dass Hersteller immer noch Nachhaltigkeits-Floskeln und Unwissenheits-Beteuerungen wiederholen.
Wider den ersten Wutimpuls habe ich mein Smartphone, auf dem ich mir ironischerweise die
Dokus angesehen habe, nicht gegen die Wand geschmettert. Es muss doch möglich sein, vom
Fortschritt der Technik in unserer Zeit profitieren zu können, ohne dass dafür irgendwo
auf der Erde Blut vergossen wird. Es ist wohl – wie alles heutzutage – eine Frage des Geldes. Und dafür gehen viele über
Leichen. Keine Floskel.
PS: Wer gute Links zum Thema kennt, immer her damit.
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