Schreiben tun sie ja, aber besonders gut ist es nicht immer. Selbst die grundlegende Verständlichkeit, die Voraussetzung für erfolgreiche Kommunikation, kommt ihnen manchmal abhanden. Sie werden für das Anbiedern bezahlt, für das emotionale und ästhetische Überhöhen. Sie machen aus Objekten Fetische. Ob das Objekt einen tatsächlichen Gebrauchswert besitzt, ist völlig irrelevant. Es zählt nur, wie man es schafft, der Zielgruppe das Gefühl zu vermitteln, ein Leben ohne das Beworbene sei nicht erstrebenswert. Sie lösen die Probleme, die es erst gibt, seit die Produktmanager sie erfunden haben. Dieses Kreieren lernen sie, und wenn sie es können, dann können sie es auch ganz schön übertreiben. Die Rede ist von der Gilde der Werbetextenden, die mir vor kurzem ihre Tore geöffnet hat.
Studierende der Geisteswissenschaften durchlaufen zu Beginn ihrer Studikarriere eine Art Entzug. Sie müssen lernen die Wortgirlanden zu ignorieren, die überall um sie herum aufgehängt werden, ja oft genug auch in den heiligen akademischen Kreisen ihren faulen Zauber verbreiten. Haben sich die Geisteswissenschaftler einmal geöffnet, lernen sie, die Funktionalität des treffendsten Wortes zu schätzen, verlieben sich womöglich in die Kunst der Anschaulichkeit. Den Geisteswissenschaftlern in Spe wird nahegelegt, auf die Logik der Sprache zu vertrauen. Den besten Signifier für das Signified zu finden, statt mit viel Kitsch eine kosmetische Operation an Sätzen vorzunehmen. Was sollte es auch bringen, wenn die Aussage spannt und zieht und einen das Gekünstelte aus jeder Silbe anspringt?
GELD.
An dem Tag, an dem man beschließt, Werbetexter zu werden, wird alles anders. In der Werbung kommuniziert man nicht auf Augenhöhe, auch wenn genau das der Anspruch ist. Die Werbeleute und die Produktmanager gehen davon aus, dass die Empfänger der Werbebotschaften, mit Verlaub, ziemlich dumm sind. Doch habe ich Grund zur Annahme, dass auch den Textern vor lauter Kitsch vielzu oft die Logik abhanden kommt. Manchmal, weil sie es nicht besser wissen und manchmal, weil sie so schreiben, wie es der Produktmanager des Kunden möchte und wie es der Verkaufserfolg als Ziel diktiert. Ich dachte, Werbetexter seien Querdenker. Das mögen sie tatsächlich sein, doch diese Eigenschaft im Beruf ausleben, dürfen sie eher selten.
Jetzt heißt es: Herausfinden, wie man wirksame Werbetexte schreibt, ohne Floskeln, ohne Kitsch, ohne die Rezipienten für dumm zu verkaufen. Und trotzdem in genau jenem Sprachregister zu bleiben, das der Zielgruppe zusagt. Der Mühe ist es wert, denn auch in der Werbesprache ist "Niveau keine Handcreme und Stil nicht das Ende eines Besens".
ich empfehle zur lektüre " 99 Francs " - eine vernichtende abrechnung mit den eigentlichen dummköpfen, den werbeleuten und produktmanagern.
AntwortenLöschen...geschrieben von einem, der es wissen muss.
das buch habe ich zwar noch nicht gelesen, dafür aber den film schon 3x gesehen ;o)
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