Mittwoch, 15. September 2010

Lesen: Eat Pray Love. Von Elisabeth Gilbert






6.9.2010
Auf dem Weg zur Arbeit wollte ich mir im Bahnhofszeitungsladen etwas zum Lesen kaufen. Etwas, nur für den Fall, dass auf der Arbeit nichts los sein sollte. Eat Pray Love stand zufällig (oder viel wahrscheinlicher: strategisch wohl überlegt) zwischen all den Zeitschriften, die frau am Bahnhof schnell mal für die bevorstehende Zugfahrt kauft: Vogue, Cosmopolitan, Myself, Glamour, Madame, etc. Da es bis zum Kinostart von Eat Pray Love noch gute zwei Wochen waren, nahm ich statt einer keine Konzentration erfordernden Zeitschrift, ein wenig Konzentration erfordendes Buch mit.


10.9.2010
Mag sein, dass Eat Pray Love noch ein Roman wird - was ich beim Kauf erwartet hatte -, aber noch ist es ein Reisebericht, und zwar im doppelten Sinne: Elisabeth verreist sowohl physisch als auch psychisch. Sie ist schließlich "eine Frau auf der Suche nach allem", wie es auf dem Cover meiner Ausgabe heißt. Auf der Suche nach fast allem bin ich auch, dennoch fällt es mir schwer, mich mit der Reisenden im zweiten Teil - Pray - zu identifizieren. Muss frau nicht, aber für mich persönlich wäre zumindest ein Sympathisieren mit Liz vonnöten - was sich auch schwierig gestaltet. Dabei bin ich dem Beten, dem Praktizieren von Yoga, und der Esoterik im Generellen gar nicht mal so abgeneigt. Liz jedoch gibt sich auf dem zweiten Teil ihrer Reise GANZ dem Gebet und der Meditation hin - (für mich) zu viel des Guten.

Während die Meisten höchstens mal ein "bitte, bitte lieber Gott" gen Himmel richten, geht es Liz radikal an. Bevor es aber so weit kommt, hat Liz einen Zusammenbruch, währenddessen sie erkennt, dass sie das Leben, das sie führt, nicht leiden kann. Liz kann es nicht leiden, weil es ein Leben ist, das sie gemäß den Erwartungen anderer führt, ohne zu reflektieren, wieviel von dem, was sie lebt mit ihren wahren Wünschen, ihrem wahren Ich konform ist. Der Augenblick, in dem Liz dies erkennt, ist für sie so beängstigend und treibt sie so sehr zur Verzweiflung, dass sie anfängt zu beten, und keinen anderen Ausweg sieht, als zu hoffen, dass da jemand oder etwas ist, der/das ihre Gebete tatsächlich hören kann. Dieser Verzweiflung kann Liz aber auch etwas Positives abgewinnen: Wer verzweifelt ist, glaubt nicht, noch etwas verlieren zu können und das macht mutig. In Elizabeths Fall ist es der Mut, alles für falsch Befundene (hauptsächlich ihre Ehe) hinter sich zu lassen und sich auf die Reise zu machen, ihre unmöglichen Wünsche zu erfüllen:  Ihr Streben nach weltlichem Genuss in Einklang mit der Sehnsucht nach Hingabe, nach göttlicher Transzendenz zu bringen.

Bekanntlich geht die Liebe durch den Magen, daher fängt Elizabeths Reise in Italien an, wo sie Italienisch lernt und isst, isst und isst, und selbst nach einer 11kg schweren Gewichtszunahme nicht verzweifelt. Sie weiß, es ist nur eine Phase: Sie füttert ihre Seele mit italienischen Speisen und der italienischen Sprache und danach kommt die Reinigung beim Beten und Meditieren in einem indischen Ashram.
Elizabeths Vorhaben in Italien dem Genuss zu frönen, erweist sich als ein einfacheres Vorhaben als der Wunsch der absoluten Hingabe, der Abkehr von weltlichen Sehnsüchten in Indien. Sie kann die Kontrolle nicht abgeben; die Sehnsucht nach Hingabe scheint an Elizabeths Verkopfung zu scheitern. Während andere im Ashram meditieren, kämpft Elisabeth im Geiste mit sich selbst. So langsam scheint sie zu gewinnen; die Reinigung ist im Gange...

15.9.2010
Heute habe ich endlich noch die letzten paar Seiten gelesen.
Der Indien-Abschnitt war müßig; mag ja sein, dass die spirituelle Hingabe für Liz eine umwerfende Erfahrung war - zu lesen allerdings, war sie nicht so spannend. Dafür vergingen die 36 Indonesien-Kapitel wie im Flug. Liz ist glücklich und ausgeglichen, also kann auch die Liebe nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen.
Insgesamt ein Buch voller Höhen und Tiefen - die sich auch auf den Lesegenuss auswirken, allerdings manchmal auch reziprok.

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