Sonntag, 2. Juni 2013

In einer freien Welt dürften keine Sklaven für mich arbeiten.



„36 Sklaven arbeiten für mich“ – so lautet eine Headline der FAZ.net, die mir heute auf Facebook auffiel. Der Artikel handelt von dem Angebot der Internetseite www.slaveryfootprint.org, bei der sich die Autorin ihren „Sklavenfußabdruck“ hat erstellen lassen. Wie viele Sklaven arbeiten denn für mich? Ich habe es errechnen lassen. Auf 11 Fragen musste ich antworten, bei manchen konnte man detaillierter werden, musste aber nicht. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass das Ganze nicht so richtig ernst genommen werden kann. Und dann kamen auch bei mir 36 Sklaven raus. Zufall? Oder kommt das bei jedem „Normalo“ raus? Besonders überzeugend fand ich das jedenfalls nicht.


Doch, es ist natürlich gut, dass die Seite existiert und hoffentlich auch noch weiter gefördert und verbessert wird.  

Der FAZ-Artikel von Britta Beeger hat mich jedenfalls zum Nachdenken bewegt. Dieser Satz hat mich besonders beunruhigt: „Vor allem bei den elektronischen Geräten, für die laut slaveryfootprint Menschen beispielsweise im Kongo unter Zwang das Erz Coltan fördern, hatte ich noch das Gefühl, ganz gut wegzukommen: Ich habe mich in die Kategorie „Regular Joe“ einsortiert, als Durchschnittsnutzer also: Viel mehr als ein Handy (zugegeben, es ist ein Smartphone), eine Digitalkamera, einen Fernseher und einen Laptop besitze ich nicht.“



Ich fing an zu recherchieren, denn auch ich besitze natürlich elektronischen Schnickschnack, darunter auch ein Smartphone. Dass es in China hergestellt wurde, weiß ich. Dass die Arbeiter dafür nicht viel Geld bekommen, davon bin ich ausgegangen. Schlimm genug.  Aber dass an meinem Smartphone Blut klebt, auf diese Idee wäre ich nicht gekommen. Ich bin wütend. Denn es läuft darauf hinaus, dass ich einen seit 15 Jahren andauernden Bürgerkrieg unterstütze: Ich bin als Konsument mitverantwortlich für Massenmorde (Millionen!), Vergewaltigungen, Kinderarbeit. Ich finanziere diesen Krieg, indem ich Produkte von Firmen kaufe, die über diese Machenschaften zugunsten profitabler Geschäfte hinwegsehen.

Die Situation: Die Schaltkreise in Handys kommen nicht ohne das Erz Coltan aus. Coltan wird in Minen des östlichen Kongo abgebaut. Die Hügel um den Kivu-See sind besonders reich an Coltan. Doch statt, dass diese Bodenschätze die Kongolesen füttern, füttern sie nur die Gewalt im Land. Diejenigen, die profitieren, sind die großen Elektronikhersteller, die lieber beide Augen zudrücken als höhere Ausgaben in der Rohstoffbeschaffung zu riskieren.
 


Ich habe mir 2 Dokus angeschaut, die ich euch hiermit ans Herz lege. 

 
Blutige Handys von Frank Piasecki Poulsen


 Kongos verfluchter Schatz von Patrick Forestier




Die Dokus sind beide ca. 2 Jahre alt – sicher nicht der aktuellste Stand. Aber irgendwie glaube ich auch nicht, dass sich seitdem viel verändert hat: In der ersten Doku wird der über seine Zuliefererkette angeblich uninformierte Hersteller Nokia von einem Reporter mit den Tatsachen konfrontiert. Und was macht Nokia? Wiederholt Floskeln und drückt sich vor der Verantwortung.

Ich kann mir vorstellen, dass Hersteller immer noch Nachhaltigkeits-Floskeln und Unwissenheits-Beteuerungen wiederholen.

Wider den ersten Wutimpuls habe ich mein Smartphone, auf dem ich mir ironischerweise die Dokus angesehen habe, nicht gegen die Wand geschmettert. Es muss doch möglich sein, vom Fortschritt der Technik in unserer Zeit profitieren zu können, ohne dass dafür irgendwo auf der Erde Blut vergossen wird. Es ist wohl  – wie alles heutzutage – eine Frage des Geldes. Und dafür gehen viele über Leichen. Keine Floskel.

PS: Wer gute Links zum Thema kennt, immer her damit.


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